Die letzte Nacht war nicht gut! Ich musste mal wieder in einem Mehrbettzimmer schlafen und, was soll ich sagen, es liegt mir nicht: zu laut, zu stickig, zu hell, zu alles halt. Ich will alleine sein in der Nacht, auch wenn mein einziger Mit-Schläfer ein sehr rücksichtsvoller Spanier war. An ihm lags nicht, sondern an mir.
Deshalb bin ich quasi mitten in der Nacht los, d.h. Um kurz nach 7 stand ich auf der Straße, was in einer Zeitzone, in der es erst um 9 richtig hell wird, was heißen mag!
Ich bin also mit der Stirnlampe auf dem Kopf losgetigert…
Und habe dabei festgestellt, dass ich fast alleine bin. Hier und da hat noch vereinzelt eine andere Lampe herumgeleuchtet, aber ich war alleine in der Nacht und im Nebel.
Es ist sooo schön, die winzigen Nebelpartikel im Schein der Lampe vor dem Gesicht tanzen zu sehen, die feuchte Luft einzuatmen und den Geruch und die Stille der Nacht aufzunehmen.
Hinter mir ging gaaaanz langsam die Sonne auf, ein diffuses Licht, welches das ganze Land in ein verheißungsvolles Leuchten taucht. Eigentlich unsichtbare Spinnweben werden durch glitzernde Tautropfen enttarnt. Die Vögel wachen langsam auf und aus dem dunklen Nichts beobachten sanfte Kuhaugen die ersten Bewegungen des Tages.
Kein Gelaber oder Stockgeklappere stört den Frieden.
Ich bin sehr dankbar, als nach einigen Stunden ein Weiler auftaucht, mit einem Gebäude, in dem Licht brennt! Eine Bar – Kaffee und Frühstück rufen! Während ich so sitze, wird es vollends hell und ich freue mich aufs Weitergehen im Licht.
Und es wird Licht! Die Sonne bricht durch, lässt die letzten Nebelfetzen verschwinden und versetzt mich mit diesen unglaublich sanften und doch kräftigen Sonnenstrahlen in eine Stimmung, die mein Herz jubeln lässt!
Ich habe so viele Tränen auf diesem Camino gelassen, so viele Schmerzen weggelaufen, Jammertäler durchschritten, geflucht und geschimpft. Und jetzt ist mein Herz einfach offen, frei, voller Sonne und Glück, dass ich einfach schreien könnte. Was ich auch herzhaft mache – ich bin ja ganz alleine hier.
Ich habe noch ein paar km zu laufen, wohin entwickelt sich das eigentlich alles? Werde ich vor Freude nach Santiago fliegen? Schön wäre es!
Wenn ich in den nächsten Tagen und, vor allem, wieder zuhause, mir ein kleines Stück von diesem Glück wieder herholen kann, ist mein Ziel erfüllt. Ich habe nirgendwo mehr hin zu gehen. Glück ist überall!